Sonntag, 03.07.2016Neuer Tag, neue Etappe.
Auch heute wieder rund 260km auf dem Truppenübungsplatz Drawsko, unterteilt in zwei etwa gleich lange Teile, mit einer Stunde Pause und "Servicepark" dazwischen.
Bei Sonnenschein starten wir an der selben Stelle wie am Vortag, die ersten Kilometer sind noch die selben.
Größtenteils ist hier für Extrem-Klasse und CC die gleiche Strecke. CC hat noch ein paar Schleifen mehr im Roadbook, wir Extremfahrer den ein oder anderen Abzweig, der uns über anspruchsvolle Hindernisse führt.
Und so gasen wir zunächst schön auf Feld- und Waldwegen entlang, die teils trocken, teils sehr nass sind,



über die ein oder andere Sandpiste,

bis wir an einem Hügel abzweigen.
Das Roadbook weist unmissverständlich darauf hin, dass wir an einer bestimmten Stelle nun auf den Hügel fahren sollen. Dort ist es sehr steil, es sind circa 6-8m Höhenunterschied zu überwinden, sandiger Waldboden.
Ein anderes Auto kämpft, ein weiteres steht unten und die Insassen hadern, ob sie das wirklich wollen.
Für uns, mit dem langen Getriebe, nicht zu machen. Also gleich Winde dran und an einem der zahlreichen Bäume hochgewincht. Oben CP-Stempel, eng zwischen Bäumen durchgekurbelt und auf der flachen Hügelflanke gehts wieder nach unten.
Schöne Stelle. Für die LKW-Klasse mit den engen Bäumen aber kaum möglich gewesen. Hier machen getrennte Roadbooks auch wirklich was aus.
Weiter.
Über die Pisten blasen und das Fahrwerk arbeiten lassen.
Dann zweigen wir auf einen Weg ab, der immer stärker überwuchert scheint, bis es kein Weg mehr ist, nur mehr eine Spur. Über eine Wiese, rechts ab, das Roadbook warnt "Swampy".
Zunächst nur ein bisschen feucht und eine matschige Spur, deutet alsbald eine Baumreihe auf einen zu querenden Bach hin.
Und dort stecken auch schon einige Autos, die Winden heulen, der Schlamm spritzt, denn der Bach hat steile Ufer und eine Böschung von schlüpfriger Konsistenz.
Martin sucht und findet eine brauchbare Querungsstelle. Brauchbar bedeutet für uns, dass ein Baum zum Seilanhängen da ist, und die resultierende Schräglage nicht zum Kippen führt.
Die gewählte Spur ist tief, der Windenbaum mit fiesem Unterholz bestückt und ein anderes Auto hängt auch schon dran. Das gibt ein bisschen Komplikationen beim Seilanhängen und -spannen (man will ja durch sein, bevor der Winchnachbar den festen Grund vor dem Baum blockiert) - aber das klappt, wir sind draußen und weg lange bevor die Konkurrenz das Ufer erreicht.
Ein wenig weiter durchs Unterholz, kleiner Kompasskurs, CP und wieder auf die Hauptpiste. Dieser folgen wir erneut.
Später...
Hügel rauf, schwungvoll gefahren. Vor der Hügelkuppe ist, von unten nicht einsehbar, ein netter kleiner Graben.
Der Grabengräber hatte offenbar die Länge eines Suzukis als Maß genommen. Jedenfalls stehen wir quer im Graben, keine Möglichkeit Schwung zu holen, weil an zurückstoßen nicht zu denken ist.
Geht wohl auch so. Erster Gang, und raus. Denkste. Räder drehen frei.
Also Sperren rein, neuer Versuch.
Geht grad nicht. Motor würgt fast ab.
Nochmal. Mehr Drehzahl vorm einkuppeln.
Das Resultat: Identisch.
Drei weitere Versuche stinkt es schon reichlich unanständig nach Kupplung, und wir entscheiden uns doch, die Winde anzuhängen.
Während Martin mit dem Windenseil rumturnt, quillt dicker weißer Rauch aus dem Entlüftungsschlauch der Kupplungsglocke. Oha. Hoffentlich bedeutet nicht das schon das vorzeitige Aus durch bald folgendes Kupplungsversagen. Auch mit Zweischeibenkupplung - die Haltbarkeit ist endlich.
Raus aus dem Graben gezogen, weiterfahren. Geht auch wieder auf Piste. Hier macht die Übersetzung auch wieder Spaß. Wenn nicht der Gestank nach verbrannter Kupplung mitreisen würde.Immer diese Abstimmungsdilemmas...
In Drawsko dürfen auch heute nicht die zahlreichen und typischen Wasserdurchfahrten fehlen.



Einige sind leicht zu fahren, ein paar wenige bedürfen der Hilfe durch die Seilwinde. Nach und nach kommt aber immer mehr Wasser in die Zündanlage, und dieses kommt aber nicht mehr raus - und so sind es zwischen zwei und vier Töpfen, die je nach Lust und Laune mal mitzünden oder nicht.
Auf einer der letzten Durchfahrten, gegen Ende der Etappe, prötteln wir buchstäblich nur mehr mit 1000 U/min aus dem Loch, eigentlich ist jeden Moment mit dem stehenbleiben zu rechnen.
Martin: "Sollten wir mal anhalten und das Wasser aus den Kerzenschächten herauspusten? "
Hias: "itz wort, des meiste werd glei verdampfan, dös geht glei wiada bessa"
Unwesentlich. Immerhin 50 km/h sind schaffbar (wenn es nicht zu steil wird)
Martin: "Noch 30 Kilometer Etappe. Wenn wir jetzt anhalten und trockenlegen, dauert das länger, als jetzt zu Ende zu fahren. Wasser- oder Schlammlöcher stehen in der ersten Teiletappe nicht mehr im Roadbook."
Mag sein. Dennoch kommt wenig Freude auf, kaum hat man mal 50 Sachen drauf, naht eine Kurve, die erfordert abbremsen und entsprechend lange dauert es danach, wieder auf Tempo zu kommen.
So wurscheltn wir uns durch, werden natürlich auch vom ein oder anderen Konkurrenten überholt. Egal. Die Breslau gewinnt oder verliert man nicht wegen so etwas.
Teiletappe durch. Nahe des Ziels ein Servicepunkt. Den brauchen wir nicht,. Aber Sprit. Also GPS zu Hand genommen - wo ist die nächste Tankstelle? Ganz klar Drawsko. Da fahren wir hin, und werden dort auch die Zündung trockenlegen.
Blöde Entscheidung, das Trockenlegen nicht gleich vor Ort oder am Servicepunkt zu machen - Anja wartet dort mit zwei Kanistern Sprit und einer Brotzeit für uns. Wussten wir aber nicht, und so wir der Servicepunkt in Sichtweite, aber außer Rufweite umfahren.
Wir prötteln die 15km bis Drawsko, Tanken, Hotdogs und dann Haube auf.
Zündspulen raus, Kompressor an, alles trockengeblasen und dann wieder zusammengesetzt.
Zeitlich wirds schon knapp, eine Stunde Serivepause ist vorgegeben. Unterschreiten darf man es nicht, überschreiten geht auf die eigene Wertungszeit.
Mit Karacho wieder zurück zum Truppenübungsplatz. Wahrscheinlich waren wir dort irgendwo zu schnell, bekommen saftige 19 min Zeitstrafe wegen "Speed". Hrmf. Hätten wir doch gleich was vor Ort ausgemacht.
Rein in die zweite Teiletappe, Start.
Nicht weit nach dem Start der selben zweigt die Extremklasse nach links von der Piste ab.
Eine Menge Fahrzeuge steht an, vor allem einige LKW. Ganz klar handelt es sich hierbei um eine der klassischen Breslausumpfquerungen. Auto abgeparkt, ausgestiegen, angesehen.
Circa 4 mögliche Durchfahrten, ein sumpfiger Bach, 15m breit, von Flatterband beschränkt und schon reichlich aufgewühlt - die LKW hatten in der ersten Teiletappe auch ein paar Hindernisse weniger und sind dementsprechend früh da.
Windenseile sind überall gespannt, schweres Bergematerial im Einsatz, die Turbolader fauchen.
Hier ist etwas Egoismus notwendig, um nicht stundenlang an einer Durchfahrt anzustehen, die dann auch noch vom Defekt eines anderen Teilnehmerfahrzeugs blockiert wird.
Also geschickt an zwei anstehenden Kats vorbeigemogelt, an eine Spur, an der sich gerade ein Unimog durchwincht.


Martin zieht schonmal das Windenseil nach drüben, hängt uns an einen Baum und an sich spricht auch nichts dagegen, gleich hinterherzuwinchen.


Schnell haben wir den Unimog eingeholt, eine halbe Wagenbreite versetzt - dann sind wir von dessen Tempo abhängig. Zur Unterhaltung ist nun das Radio ganz angenehm. Letztendlich sind wir aber auch in vertretbarer Zeit drüben angelangt.
Da unser Ankerpunkt aber nicht zur Strecke zählt (Der Baum stellt anhand dort befestigtem Flatterband eine unpassierbare Barriere dar), müssen wir an der tragfähigen Böschung traversieren, um komplett herauszukommen,. Das misslingt leider, beim Rangieren wird etwas zu weit zurückgestoßen, das Auto hängt in leichter Schräglage im Loch. Erneutes Umhängen des Windenseils ist erforderlich, auf einen nicht gesperrten Baum.



Dann aber raus aus dem Loch und weiter.
Ging gut, viele Überholt.
Später wieder ein kleineres, tiefes Wasserloch.
Viele Fotografen, aber wenig schwierig zu fahren. Raus, Hang hoch, weiter geradeaus.

Martin: "Dreh mal bitte um, das passt nicht ganz. Die Kreuzung hier hätte früher kommen müssen und den kleinen gestrichelten Weg sehe ich auch nicht."
Zurück bis Ende Wasserloch, nochmalige Wende.
Die fragliche Kreuzung ist keine hundert Meter früher. Hier links direkt einen kaum sichtbaren Weg rauf und gleich eine kleine Abfahrt herunter.

Später erfahren wir von Sasja (Fotografin), dass nur ganz wenige Autos an dieser Stelle richtig waren - d.h. 15 Strafminuten aufgrund fehlendem GPS-Wegpunkt für fast alle anderen.

Von dort wieder einen Sandhang rauf
Es macht sich ein Leistungsverlust durch Frischwasser in der Zündung bemerkbar - wir würgen aber noch über den Hügel rüber, weiter in der Strecke..
Wenige Kilometer später wieder eine Wasserdurchfahrt, fahrbar, aber noch mehr Wasser in der Zündanlage.
Hias: "Zefix. A Schaaß. Kimmt demnachst wida a Wasserdurchfoahrt?"
Martin, im Roadbook blätternd: "Soweit ich das sehe nicht. Erst kurz vor Ende der Etappe. Aber das ist doch auch nicht in Ordnung, dass das soo schlecht Wasserdicht ist. Hättest du nicht bei der Vorbereitung auf die Rallye mal neue O-Ringe einbauen können?"
Hias: "und wia i des hob. hab de nuatn genau vermessn und nach DIN die passaden Ringe bstoid, sogar viton-ringal, zwengs de hochan tempraduurn. die kerznschächt hob i a no mit da polierbürschtn wieda hergricht. owa de spuln sand aa fia mein gschmack zleicht ganga.
Itz los uns as wossa außeblosn und aufd nacht im camp bappma de Spuln mitm dirko Ha-Tee eine."
Sodann. Haube auf, Zündspulen raus, Wasser aus drei von vier Kerzenschächten herausgepustet, Zündspulen wieder montiert. Zehn Minuten Aktion. Zwei der etwas flotteren Konkurrenten fahren vorbei. Seltsam, die hätte ich weiter vorne gewähnt.
Weiter.
Piste, Kilometer um Kilometer.
Erneut eine etwas schwierigere Passage. Metertiefe, feste Gräben, die zu durchfahren sind und damit schon gewisse Anforderungen
an die Verschränkungsfähigkeit des Fahrzeugs stellen.
An sich kein Problem, aber mit der Tendenz zum hohen Kupplungsverschleiß.
Mit Schwung gehts auch, ein Dreisatz und wir haben das überquert. CP-Stempel und wieder auf die CC-Strecke eingebogen.
Weiter, weiter.
Kurz vor Schluss der Etappe erneut eine Steilauffahrt, ähnlich dimensioniert wie die heute morgen. Nur für die kleinen Extreme-Teilnehmer, also Moped/Quad/SSV/Auto.
Rechts um einen Baum im Hang herum wäre flacher, aber da wincht noch einer. Also links angefahren.
Dann stellt sich raus, dass der winchende doch nicht so langsam war. Rechts schräg rüber ergibt leider eine etwas peinliche Vorstellung, die im noch recht flachen Hangteil mit Steckenbleiben endet.
Egal, haben ja eine Winde.
Der Anschlagpunkt ist leider auch nicht so glücklich gewählt, so dass wir insgesamt eher nur mäßig schnell in der Überquerung des Hindernisses sind - am CP hagelt es auch prompt Beschwerden von der Rennleitung.
Wurscht.
Weiter, bald durchs Ziel.
Hurra, das ging heute doch deutlich besser als am Vortag. Bis auf Wasser in der Zündung keine technischen Probleme, Navigation und Fahren auch ohne gröbere Schnitzer. Jetzt darf nur die Kupplung nicht verrecken oder so etwas.
Ins Camp. Angenehm früh. Nach der Standpauke des verpeilten Servicepunktes wegen machen wir eine gründliche Durchsicht, Bremsbeläge müssen zum Teil neu (Bald sind diese aus - wir planen die Neubeschaffung von 7 Satz beim polnischen Teilehandel), kleben die Zündspulen ein, und sehen uns das kaputte Verteilergetriebe an - Gerhard und Gary haben dieses tagsüber schon zerlegt, und dabei eine deutlich verbogene Schaltgabel gefunden.
Ausrichten?
Habe doch extra noch einzelne VTG-Innereien eingepackt um Vorräte für lustige Basteleien zu haben - und ja, da findet sich auch komplett eine Schaltgabel samt -stange.
Damit komplettieren wir das 4:1 wieder.

Einbauen? Hm. Es ist elf - bis das jetzige Getriebe raus, das reparierte drin, alles sauber verstaut und aufgeräumt, wäre es weit nach Mitternacht. Och Nö.
Lieber zu halbwegs humanen Zeiten ins Bett und ausschlafen, die Etappe war anstrengend genug, morgen ist Überführung des Camps und damit auch längere Etappe, also reichlich Programm angesagt.
Martin beschäftigt sich noch mit einem kaputten Stoßdämpfer unserer Teamkollegen, Franzis Pajero braucht ein Reservoir adaptiert. Gewindeadapter kann man auch schweißen.

Dann wirklich ins Bett.
"Photos by Actiongraphers |
www.actiongraphers.com"
"Photos by Dutch Rally Press |
www.dutchrallypress.nl"