Sliven. Dienstag, 23.09.2014, 7:00 UhrNach stürmischer, aber trockener Nacht steht unser Pavillion noch, im Gegensatz zu manch anderen.
Bin auch gefühlt jede halbe Stunde aufgewacht und hab rausgezogene Heringe wieder eingeschlagen.
Am Auto ist noch ein wenig Arbeit.
Steuergerät wieder abdichten, Radlager vorne nachstellen, Kupplungszug nachstellen, alles durchsehen, Schrauben nachziehen und ähnliches.
In Sliven eine Tankstelle besucht, und weiter zum Vorstart.
Sieht nach kleinem Flugfeld aus.
Die Strecke geht zunächst mehrere hundert Meter geradeaus über Betonpiste - und
damit sich das ganze mehr nach Motorsport anfühlt, starten immer drei Autos nebeneinander. So auch wir. Gegen die großhubraumisierte Konkurrenz gewinnen wir auf der Landebahn keinen Blumentopf - dann endet diese aber und jetzt sind wir plötzlich konkurrenzfähig.
Ein schlammiger Feldweg, mit ordentlichen Bodenwellen - dafür ist unser Fahrwerk gebaut!
Leider brauche ich ein paar Wellen, um in den richtigen, schnellen Rhythmus zu kommen - und dann wirds schon fast wieder langweilig und eben.
Aber immer noch schlammig, an einer Bahnstrecke entlang.
Zuviel Gas heißt querstellen, zu wenig steckenbleiben - das fordert, machts aber auch interessant.
Vor uns ein 4l-TJ. Auf den langen Geraden zieht er uns davon - wird es wellig und kniffelig, haben wir ihn fast, zum Überholen reichts leider nicht.
Große Schlammpfütze, wie beim Mudfest - hier aber nur ein Stück der Strecke. In der Mitte ein Schilfbestand. Der Jeep linksrum, wir rechtsrum. Links wäre besser gewesen. Wir wühlen uns durch. Bis wir drüben raus sind, ist der Jeep aber schon lange weg.
Kurz drauf eh das Ziel der ersten Teiletappe. 24 Minuten Action waren das, schlammig und spaßig.
Lichter sauberwischen für die folgende Straßenüberführung und weiter.
Es beginnt zu regnen, nach kurzer Zeit hört der mäßige Regen auf und weicht starkem Regen.
Hier machen sich die einst zur Befestigung diverser Teile ins Dach gebohrten Löcher bemerkbar, es pisst richtiggehend
durch. Durch die fehlenden Seitenscheiben zieht es auch noch kräftig.
Martin: "Das Roadbook kündigt mehrmals die Durchfahrt von Gebirgsbächen an. Wenn es weiter so regnet, werden die wohl ziemlich reißend."
Hias: "Wenn da Sturm so brudal im Camp okimmt, wern die sicha auch koa Gaudi ham. Oida, des werd scho wieda tuff stuff."
Start in den längeren zweiten Teil der Etappe.
Teil 1 war noch gemeinsame Strecke mit der CC-Klasse, dieser Teil ist nur für die Extrem-Klasse und verspricht
entsprechend interessant zu werden.
Es beginnt wieder mit kurvigem, geschotterten Forstweg, bergauf. Wir gasen ordentlich bergan, die Felsen werden zerklüfteter.
Zur Fahrzeugschonung fahre ich dann doch etwas gesitteter, werden von anderen Teilnehmern mit größeren Reifen überholt.
Wir kommen auf einem Hügelkamm heraus. Hier bläst der Sturm richtig kräftig, der Regen kommt quer durch die Fahrerkabine geblasen, die Sicht ist schlecht.
Kompasskurs. Zum Anhalten drehe ich das Auto aus dem Wind.
Im Wald ist es wieder angenehmer, wenigstens bläst es nicht so sehr.
Runter, rauf und wieder auf das ausgesetzte Plateau.
Das Wetter ist nicht besser geworden, die Sicht schlecht und die Navigation dadurch schwierig. Die Konkurrenz tut sich wohl genauso schwer, wir tummeln uns schön im Feld.
Es geht auf einen Gebirgsfluss zu. Das Roadbook schreibt rein, ein paar hundert Meter flussaufwärts, unter einer Brücke durch, um den Pfeiler rum, wieder ein Stückerl abwärts und raus.
Bevor wir das angehen, krame ich 14er und 17er Gabelschlüssel hervor und stelle die Kupplung nach.
Hias: "I glaab, dös oide kupplungsseil ziagt si ind läng, soit ma heid aufd nacht deischln."
Martin: "Altes Kupplungsseil? Hast du etwa kein neues verbaut? Was ist denn das für ein Versagen bei der Fahrzeugvorbereitung?"
Hias: "bstoid hob i a neis, kemma is aa, owa es war vui z kurz. nochha hob i as oide wiada eibaut. im camp hob i no a zwoats, owa aa gebraucht. zefix, sauglump, varreckts!"
Vorerst trennt die Kupplung jedenfalls wieder.
Also rein in den Fluss mit Martin als Vorturner. Er dirigiert mich um die gröbsten Unterwasserbrocken herum, sonst stellen sich keine Schwierigkeiten und die Passage lässt sich fahrend meistern.



Stempel geholt, weiter gehts.
Durch bergiges Gelände.
"Follow markers", dann Kompasskurs, einen Berg hinauf. Am projizierten Zielpunkt eine Kreuzung, der Querweg recht zugewachsen. Die ist auch ins Roadbook gemalt - da beim Kompasskurs aber nicht die Richtung festgelegt ist, aus der man kommt, ist die Richtung, in die es weitergeht auch nicht eindeutig. Die nächsten beiden Bildchen passen aber
wieder ungefähr, das dritte nimmer. Aber es hängen eine Menge Markierungsbändchen in den Bäumen. Kurzfristige Roadbookänderung? Wär ja nicht das erste mal.
Also den Bändchen nach. Geht einen Hang runter, der nach und nach steiler wird, ganz unten eine Fünfmeterstufe mit weit über 45°, drunter ein Querweg. Wenig Auslauf, aber es gelingt, das Auto nach unten plumpsen zu lassen und wieder abzufangen.
Roadbookbild unten passt ganz gut, also weiter nach rechts.
Wieder steile, schlammige Hänge runter.
Hias: "I hoff a moi, dass des etza wiada mim Roadbook basst, wei do wiada aufewurschtln werad zaach."
Martin: "Das könnte in der Tat problematisch werden. Wirklich eindeutig ist das Roadbook hier leider nicht."
Zwei Kilometer ohne weitere Angaben. Hm. Irgendwie passts nimmer so richtig. Noch dazu begegnen wir nach und nach immer mehr anderen Teilnehmern. Keiner weiss so richtig, wo es langgeht.
Wir probieren Wege, interpretieren Kreuzungen neu, suchen nach möglichen Roadbookfehlern. Aber nichts passt so richtig.
Martin ist überzeugt, dass wir uns sämtliche Steilhänge wieder raufkämpfen muessen, weil der einstige Kompasskurs einfach nicht ganz passte.
Ein anderer Teilnehmer unserer Klasse hat derweil einen Anruf bei der Rennleitung getätigt. Der Fehler lag wohl tatsächlich am Ende des Kompasskurses. Diese Information verbreitet sich schnell unter den Autos - und so fahren wir wieder hinauf (ein Hoch auf die vordere Differentialsperre), die Seilwinde benötigen wir erstaunlicherweise nicht.
An der letzten Steilstufe staut es sich, jeder wincht sich hoch. Ich nutze die Wartezeit, um nochmals die Kupplung nachzustellen.
Leider erlaubt der schmale Hang kein paralleles Winchen - fast, den vor uns überholen wir tatsächlich im Hang.
Dass hier ein recht ausgekochtes Fahrerfeld mitfährt, ist auffällig. Trotz des nicht ganz alltäglichen Hindernisses - Keiner schreit rum, macht unkoordinierte Aktionen oder blockiert lange den Weg - wer hier mitfährt, weiß was er tut.
Oben Rückfahrt zur fraglichen Kreuzung. Das Roadbook andersrum gehalten und - oh, klar, sooo passts auch, und die nachfolgenden Wege auch recht gut. Wieder einen Hügelkamm entlang, die Sicht ist schlecht, der Boden schmierig. Aber es geht voran.
Recht bald ein Gebirgsfluss auf der Strecke - nicht durchqueren, sondern im Bachbett einen Kilometer flussaufwärts fahren. Dank gröberer Steinbrocken im Wasser keine leichte Aufgabe - und entsprechend staut sich hier das Fahrerfeld ein klein wenig.
Vor einer etwas größeren Stufe müssen wir auf freie Strecke warten. Anhalten - also auskuppeln und bremsen - funktioniert nicht recht und endet mit abgewürgtem Motor.
Öh. Das Wasser ist zwar hier grade mal knietief, aber musste die Kupplungsbetätigung ausgerechnet jetzt im Fluss aufgeben?
Ursachenforschung. Kann ich das gerissene Seil von der Pedalbetätigung abziehen? Nein. Seil ist noch heil.
Der Mitnehmerhebel rutscht auf der verzahnten Welle des Pedals leer durch. Das könnte sich mit Anziehen der Klemmschraube beheben lassen. Bringt aber nix.
Okay, also gehts ohne Kupplungsbetätigung weiter. Motor aus, 1. Gang Untersetzer einlegen, anlassen, fahren.
Klingt einfach, praktisch sind wir aber in einem Flussbett mit großen Steinbrocken.
An den Stellen, an denen es der Anlasser nimmer zieht, muss es die Winde richten. Das klappt auch, schön ist es aber nicht, schnell gehts schon garnicht und der Spaßfaktor leidet auch ein wenig - in nullkommanix sind wir vom Feld
verlassen, an sich wärs nämlich fahrbar.



Raus aus dem Fluss, CP-Stempel abgeholt und weiter. Straße, Feldweg, Bergweg, klappt alles, und mit etwas Gefühl am Gasfuß lässt sich auch ohne Kupplung rauf- und runterschalten.
Der Weg wird aber noch steiler.
1. Gang ohne Untersetzer reicht nicht mehr. Untersetzer einlegen schaff ich nicht mehr - also abgewürgt im Hang. Mit Untersetzer drin schaffts der Anlasser aber auch nicht, so steil bergauf.
Winde. Eine Seillänge, zwei, drei - es wird nicht flacher. Dann, in der fünften Seillänge eine Linkskurve.
Martin: "Wenn du den Wagen nun links herum hinaufziehst, etwa zwei Wagenlängen, und du dich dann rückwärts in den winzigen Gegenhang rollen lässt, könnte das Anlasserdrehmoment ausreichen um uns vorwärts zu starten."
Hias: "Moanscht? So stoanig und baazig wia es do is?"
Martin: "Ich schiebe mit an und springe dann in den Wagen."
Das geplante Manöver wird eingeleitet.
Anlaufstellung, orgeln, das Auto rollt, aber der Motor zündet nicht.
Kacke! Kam den Tag über schon mehrfach vor. OT-Geber-Schaden oder nur Wasser im Schalter für die Motorsteuerung?
Ausschalten, einschalten, probieren. Mehrfach. Der Rollweg wird immer kürzer, die Verzweiflung immer größer.
Schließlich doch: Zündung!
Im erhöhten Standgas lostuckern, nicht zu schnell, sonst wirds für Martin kritisch mit dem Einsteigen, nicht zu
langsam, sonst würgt es den Motor wieder ab - es klappt.
Weiter bergauf. 1. Gang, 6000 Umdrehungen.
An einer etwas flacheren Stelle klappt auch ein Schaltversuch, und auch der nächste. So zuckeln wir langsam und unspektakulär den Rest der Etappe runter. Ziel, Straße, Überführung ins Camp.
Dort erwarten uns Bilder der Verwüstung. Kein Pavillion steht mehr, es hat komplette Zelte und Anhänger durch die Gegend geweht, auf der Wiese steht das Wasser mehrere Zentimeter hoch.

Erstmal Duschen und Essen gegen die Kälte, dann wird ein Schlachtplan gefasst. Wir ziehen auf den geteerten
Hotelparkplatz um, die Überreste vom Pavillion werden reaktiviert und mit Hilfe von Rallyefahrerspezialkaffee die
Kupplungsbetätigung repariert. Sonst ist ja alles heil geblieben.
Radlager vorne noch nachstellen und gut ist.




